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05.10.2008
Falsche Hoffnung auf Gewinnversprechen im Internet?

- Landgericht trifft fragwürdige Entscheidung zum Thema Gewinnzusage über Werbebanner -

von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M. (Informationsrecht)

Der Weg zu neuer Rechtsprechung ist mitunter steinig und lang. Die Tricks und faulen Versprechungen im Internet nicht minder ärgerlich. Sie surfen privat im Internet und beim Einloggen in Ihren Emailaccount springt Ihnen folgender Text entgegen:

"Sie sind unser 999.999 Besucher, jetzt online um: ... 
Herzlichen Glückwunsch - Sie haben dadurch 
die freie Auswahl gewonnen: 
  AUDI A5         25.000,- EURO       Multimedia Paket..."

Wie dürfen Sie das verstehen?

Nicht als Gewinnzusage - jedenfalls nicht als verbindliche, sagt das Landgericht Köln und überrascht hiermit.

Im streitgegenständlichen Fall forderte der vermeintliche Gewinner seine Auswahl von 25.000 € zunächst außer- danach auch gerichtlich ein und scheiterte in erster Instanz.

Deutschlandweit erstes Urteil zu Werbe-Popup's und Gewinnzusagen


Das Verfahren hat natürlich einen Präzedenzfallcharakter, da ein vergleichbarer Sachverhalt bislang deutschlandweit noch nicht entschieden wurde. Sehr schade, dass das erwartungsgemäß über mehrere Instanzen zu planende Verfahren bereits nach der ersten Instanz nicht fortgeführt wird.

Neben vielen auch durchaus vertretbaren Einschätzungen des erkennenden Gerichts überrascht die Entscheidung doch in den Details. Die Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift des § 661 a BGB

"Gewinnzusagen - 
Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten."

für Werbeeinblendungen im Internet wurde wie gesagt bislang noch nicht entschieden. Falsch und unzeitgemäß ist hieraus jedoch abzuleiten, dass die Vorschrift einer solchen Anwendung im Ergebnis nicht zugänglich sein soll.

Richtig ist hierbei die Einschätzung, dass

das Werbebanner der Beklagten durchaus darauf angelegt sei, zunächst missverstanden zu werden, um als „Aufreißer“ weiteres Interesse für ihr Gewinnspiel hervorzurufen.

Das Kleingedruckte ist unerheblich

Geradezu grotesk ist allerdings in der Entscheidung die Beurteilung, der vermeintliche Gewinner hätte aufgrund der nachfolgenden Einblendungen wissen müssen, dass er nichts gewonnen habe,

"weil die zuvor erörterte erste Werbeeinblendung nicht isoliert von den Folgeseiten betrachtet werden darf, auf die der Nutzer bei „gewecktem Interesse“ weitergeleitet wurde."

Das ist zum einen, wenn man sich die genauen Einblendungen ansieht, schlicht falsch, denn auch die nachfolgenden Einblendungen sprechen auch nicht von Verlosungen und/oder Gewinnspielen, sondern von dem auszuwählenden Sofortgewinn. Zum anderen kommt es wegen der klaren Intention der Vorschrift auf nachstehende Erläuterungen oder Einschränkungen überhaupt nicht an.

Wenn bei einem Werbeflyer im Offlinebereich der plakative Aufreißer auf der ersten Seite nicht im Nachfolgenden oder gar Kleingedruckten aufgehoben und zurückgenommen werden kann, muss das selbstverständlich auch für nachfolgende Einblendungen im Internet gelten.

Werbebanner ungleich Email oder SMS?

Auch die Ausführung eine Werbeeinblendung sei nicht hinreichend manifestiert und daher nicht zugesnedet worden ist aus unserer Sicht nicht nur nicht zeitgemäß, sondern technisch schlicht falsch.

Das Gericht führt selbst aus:

Art und Form der mit der Verkörperung verbundenen Perpetuierung sowie ihre Übermittlung sind demgegenüber gleichgültig. Die Gewinnzusage kann danach sowohl durch Brief, Telefax, SMS oder E-Mail übermittelt werden; demgegenüber reicht eine mündliche Erklärung während eines Telefonanrufs nicht aus [...]. Gemessen daran handelt es sich bei der Werbeeinblendung als „Pop-up-Fenster“ nicht um eine Zusendung.

Wie im Verfahren vorgetragen wird jede Werbegrafik innerhalb einer Website sofort und sei es nur in temporären Verzeichnissen gespeichert und kann, wie ja hier erfolgt, ohne Weiteres gespeichert und ausgedruckt werden. Insofern unterscheidet sich die Einblendung kaum von der Email und eine hinreichende Pepertuierung kann der Mitteilung nicht ernsthaft abgesprochen werden.

Dass der Empfänger nicht namentlich angesprochen wird, ist nach der bisher vorliegenden Rechtsprechung bereits unerheblich, solange er sich angesprochen fühlen darf. Dies dürfte bei Angabe der konkreten Uhrzeit mit Sekunden wohl unstreitig der Fall sein.

Wenn sich der Werber und damit der Versender der Gewinnmitteilung der Versandart der Werbeeinblendung bei Seitenaufruf durch Dritte bedient, muss er sich seine Versprechungen auch voll zurechnen lassen.

Fragwürdige Entwicklung und falsches Signal durch Urteil

Sollte sich die aus unserer Sicht falsche Einschätzung des LG Köln durch

setzen, dürfen wir uns wohl in naher Zukunft auf die schlimmsten Versprechen innerhalb von Werbebannern gefasst machen und der Täuschung wird Tür und Tor geöffnet. So werden sofort wieder Rufe nach dem Gesetzgeber laut, die hier angesprochene Vorschrift zu konkretisieren. Bei richtiger Auslegung und Anwendung des § 661a BGB wäre jedoch auch bereits die aktuelle Gesetzeslage geeignet gewesen, den Sachverhalt brichtigt und zwar zugunsten des Verbauchers zu entscheiden.

Sehr schade, dass dem auch durch den in der Sache erkennenden Einzelrichter geäußerten Wunsch, einer endgültigen und höherinstanzlichen Klärung der Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift auf Werbeeinblendungen im Internet, leider aus verständlichen Kosten- und Risikogründen nicht folge leistet werden und dieses nicht ausgereifte Urteil damit bestandskräftig werden wird.

Das vollständige Urteil können Sie hier einsehen. Ein paar Eindrücke aus dem zu in diesem Zusammenhang erstellten markt-Beitrag "Gewinnversprechen: Der Kampf um den Preis" des WDR-Fernsehen haben wir eingefügt.

Bei Fragen, sprechen Sie uns gerne an.


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